Objekt des Monats März im MKK

Eine Jahrtausende alte Technik:
Schale aus Email ist das Objekt des Monats März im MKK

Das Objekt des Monats März im Museum für Kunst und Kulturgeschichte hat MKK-Museologin Joana Maibach ausgesucht und beschrieben. Es ist eine Email-Schale nach einem Entwurf von Lili Schultz (1895-1970). Zu finden ist sie in der dritten Etage in der Abteilung „Angewandte Kunst“.
Bei Email oder „Emaille“ denken die meisten wahrscheinlich an Alltagsgegenstände wie Tassen oder Töpfe oder aber an technische Geräte, die besonders langlebig sind, wenn sie mit dem Material überzogen sind. Dabei wird Email bereits seit rund 2000 Jahren in der Goldschmiedekunst verwendet.

Email (französisch für „Schmelz“) bezeichnet eine im Feuer auf einem Trägermaterial aus Metall oder Glas aufgeschmolzene Masse, die durch das Brennen eine glasartige und widerstandsfähige Oberfläche bildet. Durch die Zugabe von Metalloxiden entstehen verschiedene Farbtöne. In der angewandten Kunst wird Email zur farbigen Verzierung oder aber zur Email-Malerei verwendet. Die Verwendung als isolierendes Schutzmittel ist ein Phänomen der modernen Industrie.

Mit den klassischen Verfahren des Goldschmiedeemails wurden bedeutende Werke der Kunstgeschichte geschaffen. Im Mittelalter erlangte Email einen künstlerischen Höhepunkt. Die blauen Arbeiten aus Limoges, von denen einige Werke aus dem 13. Jahrhundert auch in der Abteilung „Christliche Kunst“ des MKK zu sehen sind, gehören zu den bekanntesten. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts kommt es zu einem Rückgang der Emailkunst, und das Material gilt eine lange Zeit als ein bloßes Hilfshandwerk für Goldschmiede und als wertlos für die Kunst.
Erst im 20. Jahrhundert erlebte Email in den Werkkunstschulen eine Neubelebung und gilt seit den 1920er Jahren als eine selbstständige Richtung des Kunsthandwerks, unabhängig von der Goldschmiedearbeit.

Eine selbstständige und moderne Emailarbeit ist auch die farbig emaillierte Kupferschale von Lili Schultz (1895 – 1970). Die Emailkünstlerin hatte ihr Leben lang eine besondere Beziehung zu dem Material: Sie leitete ab 1925 für rund 33 Jahre die Emailwerkstatt an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale, an der sie selbst studiert hatte. 1958 flüchtete sie aus der DDR und lehrte bis zu ihrer Pensionierung 1965 an der Werkkunstschule Düsseldorf, an der sie eine Werkstatt für Email aufbaute.
Die Hallesche Kunstschule, die heute noch unter anderem Namen existiert, war in den 1920er-Jahren neben dem Bauhaus eine der wichtigen deutschen Kunstschulen und ging aus der Kunstgewerbereformbewegung des 19. Jahrhunderts hervor. Eine eigene Werkstatt für Email bestand seit 1916.

Lili Schultz setzte in ihren Werken verschiedene Emailtechniken ein, um unterschiedliche künstlerische Wirkungen zu erzielen. Dafür studierte sie jahrelang alle bekannten und auch historischen Techniken und experimentierte mit dem Material. Bei der hauptsächlich in Rot, Orange und Gelb gestalteten Email-Schale aus der Sammlung des MKK wird durch den Einsatz zweier unterschiedlichen Techniken eine Struktur erzeugt, die eine Mehrschichtigkeit und Plastizität andeutet. So befinden sich auf der Schale teilweise erhöhte tropfenförmige, runde und quadratische Emailelemente, während die restliche Oberfläche ebenmäßig gehalten wurde.

Motivisch ließ Lili Schultz sich bei diesem Werk wie auch bei vielen weiteren durch Dichtung und Literatur inspirieren: An der Schalenwandung befindet sich die Inschrift „Brod ist der Erde Frucht, doch ists vom Lichte gesegnet. Und vom donnernden Gott kommet die Freude des Weins.“ Die Zeilen stammen aus der 8. Strophe des Gedichts „Brod und Wein“ von Friedrich Hölderlin (1770 – 1843). Passend dazu sind auf der Schale zwei übereinanderliegende Kreise dargestellt, in denen unten eine weibliche Figur mit Getreideähren im Arm und oben eine männliche Figur mit Weinreben zu sehen sind.

Text und Foto: Joana Maibach; zur Vergrößerung der Schale diese bitte anklicken!

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