Aktionsbündnis NEIN zum Gewerbe-/Industriegebiet „Im Dicken Dören“

Jetzt wird es ernst

Zum Stand des Verfahrens
Die AnwohnerInnen der Groppenbrucher Str. wehren sich gegen das Gewerbe-/Industriegebiet „Im Dicken Dören“., das in unmittelbarer Nähe zur Mengeder Heide/Groppenbruch entstehen soll. Sie haben sich inzwischen zum „Aktionsbündnis Nein! Zum Industriegebiet im Dicken Dören!“ zusammengeschlossen.

Im Juni 2023 wurde der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 92, Dicker Dören, vom Rat der Stadt Waltrop gefasst. Damit kann der LKW Hersteller Langendorf aus Waltrop einen Bauantrag vorbereiten und wäre bei Genehmigung berechtigt, direkt neben dem reinen Wohngebiet Groppenbrucher Str. und auf der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche entlang des Kanals ein neues Unternehmen zur LKW Herstellung zu errichten. Doch nicht nur Langendorf, auch weitere Gewerbe- und Industriebetriebe hätten die Möglichkeit, sich auf der knapp 14 ha großen Fläche anzusiedeln.

Die Mitglieder des „Aktionsbündnisses“ sind sich einig: Das muss unbedingt verhindert werden. Sie haben bereits im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens umfangreich ihre Bedenken der Stadt Waltrop mitgeteilt: Der tägliche Verkehrslärm übersteigt schon heute die Grenze des Belastbaren. Weitere Beeinträchtigungen wären für alle, die hier leben und sich am Kanal erholen sowie für Natur und Klima nicht zumutbar. Gutachterlich wurde bestätigt,  dass Lärmwerte überschritten und der Verkehr zunehmen wird und trotzdem hat die Stadt Waltrop den Bebauungsplan beschlossen. Dagegen soll jetzt geklagt werden, damit ein unabhängiges Gericht über die Rechtmäßigkeit des Industriegebietes entscheiden kann.

Um die realistischen Klagechancen besser einschätzen zu können, wurde ein Fachgutachten bei einem renommierten Baurechtler in Auftrag gegeben. Das Ergebnis liegt nun vor und kommt zu dem Schluss, dass der Bebauungsplan erhebliche Mängel aufweist und mit Aussicht auf Erfolg dagegen geklagt werden könnte. Konkret heißt das: Es kann ein Antrag für ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht Münster gestellt werden. Da nur direkt betroffene AnwohnerInnen diesen Antrag stellen können, hat eine Familie aus der Groppenbrucher Str. nun Klage eingereicht! 

Was sonst geschah
Es ist hilfreich festzuhalten, welche Gedanken und Überlegungen von Seiten des „Aktionsbündnisses“ in der Vergangenheit vorgetragen wurden. Beispielhaft wird nachfolgend auf drei Stellungnahmen verwiesen:

I. Stellungnahme von Eva Latterner – erschienen auf MIT vom 24.9.20. Darin heißt es u.a.:
Am Freitag, 25. September, stimmt das Ruhrparlament über die Beschlussvorlage zur Freifläche “Dicker Dören” ab. Kriegt dann der Bau des geplanten Gewerbegebietes  in unmittelbarer Nähe zur Stadtgrenze Dortmund-Mengede grünes Licht? Oder bekommen die Kritiker des Gewerbegebietes den erwünschten Aufschub, der zu Nachverhandlungen führen soll?

Unter dem Aspekt des Klimaschutzes und des zu hohen Landschaftsverbrauchs in und um Mengede und Waltrop kann es nur eine konsequente Antwort geben: Das im regionalen Grünzug liegende Gelände darf nicht bebaut werden, die Unter-Schutz-Stellung ist längst überfällig. Überfällig ist auch eine Aufwertung des Geländes durch geeignete landschaftspflegerische Maßnahmen, die sichtbar machen, dass dem Klimaschutz höchste Priorität eingeräumt wird.

 Diesen Zukunftsaspekt sollte sich das Ruhrparlament, das die Belange unserer dicht besiedelten Region als Ganzes wahrnimmt, zur Hauptaufgabe machen.

Obwohl völlig klar ist, dass wirtschaftliche Argumente und die Diskussion um Arbeitsplätze im gesamten Ruhrgebiet von großer Bedeutung sind, ist genau so klar, dass es ein „Weiter-So“ nicht geben kann, wenn wir uns nicht selber das Wasser abgraben wollen.
Anhaltender Flächenfraß, Straßenneubau mit weiterem Verkehr, der Bau von noch mehr LKWs sind kein guter Ansatz, den Klimawandel zu stoppen. Auch wenn das von der Stadt Waltrop in Auftrag gegebene Umweltgutachten zu dem Ergebnis kommt, dass der Bau des neuen Gewerbe-und Industriegebietes eigentlich  umweltverträglich sei.

II. Gedanken von K.N. ( MIT ) zum Start des B-Planverfahrens am 19.4. 21; erschienen auf MIT vom 15.4.21

“An jedem Tag verbraucht Deutschland mehr als 50 Hektar. Grund wird verbaut und besiedelt, Natur ausradiert.”
So titelte die Wochenzeitung  „der Freitag“ in ihrer Ausgabe zum Jahresende einen Beitrag über den ungehemmten und folgenreichen  Verbrauch von Flächen. In Bayern ist dieser Verbrauch besonders ausgeprägt, denn jeden Tag geht dort eine Fläche von knapp 11 ha Natur verloren. Diese Fläche – erheblich mehr,  als in anderen Bundesländern – entfällt zur Hälfte auf Wohnraum und jeweils  zu einem Viertel auf Gewerbe- und Industrieansiedlungen bzw. auf den Individualverkehr.
Auch wenn die Bayern mehr Flächen zur Verfügung haben als andere Bundesländer, handelt es sich auch dort um eine schleichende Umweltkatastrophe: Wertvoller, weil fruchtbarer Boden geht verloren, Lebensraum für Tiere und Pflanzen wird zerstört, so wird  der Verlust der Artenvielfalt nicht aufgehalten.

Dabei gibt es hinreichende Bemühungen, die Zerstörung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen zu beschränken. So ist in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt, den Verbrauch auf einen Wert von unter 30 ha pro Tag zu verringern. Ein ambitioniertes Ziel, das leider nur auf dem Papier steht, denn derzeit ist der Flächenverbrauch in Deutschland mit 56 ha pro Tag beinahe doppelt so hoch, wie die Zielmarke von 30 ha. Das Erreichen dieser Zielmarke war übrigens für 2020 angepeilt – soviel zur Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung von Zielvorgaben. (Einzelheiten: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/eine-strategie-begleitet-uns/die-deutsche-nachhaltigkeitsstrategie

Häufig wehren sich Wirtschaft und Kommunen – wie wir hier vor Ort leidvoll am Beispiel des Planungsverfahrens für den „Dicken Dören“ erfahren – gegen verbindliche Zielsetzungen dieser Art, denn  sie setzen auf neue Gewerbegebiete, weil sie sich davon neue bzw. den Erhalt der vorhandenen Arbeitsplätze versprechen. (vgl. hierzu auch diverse Beiträge aufMIT zum Thema: „Nein! zum ‚Dicken Dören!‘)
In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung hat der BUND  dazu allerdings festgestellt, dass diese Erwartungen in den wenigsten Fällen aufgeht. Im Gegenteil: Auf diesen neuen Flächen siedeln sich Einkaufsparks an, Logistikzentren und Discounter. Das dadurch erzeugte Verkehrsaufkommen führt zur zusätzlichen Belastung der Bevölkerung. 

Wie schwierig es ist, eine Politik umzusetzen, die den Bedürfnissen der Mehrheit entspricht, welche Hindernisse dabei zu bewältigen sind, kann am Beispiel „Verkehrswende” gezeigt werden. Die Beharrungskräfte gehen quer durch die Bevölkerung und die politischen Parteien. Es ist wahrlich genug gesagt und geschrieben worden, durch welche Maßnahmen auf den Bau neuer Straßen und Autobahnen verzichtet werden könnte. Selbst ein kleiner politischer Vorgang wie die Temporeduzierung auf Autobahnen hinzubekommen, übersteigt die Möglichkeiten bzw. die Bereitschaft politischen Handelns. Von daher sollten wir realistisch sein: Unter den Bedingungen der Wachstumsgesellschaft werden einfache Lösungen nicht durchgesetzt. Das gilt für die Verkehrswende, das gilt für den Klimawandel und das gilt für den Flächenfraß: Naheliegende Lösungen scheitern an den Privilegien derjenigen, die die Macht und die Mittel haben, diese Macht durchzusetzen.

Corona könnte ein Vorgeschmack auf die Klimakrise sein, die über die jetzige Pandemie weit hinausgehen wird. Es wäre daher dringend angebracht, von Corona zu lernen, wie wir uns auf künftige Krisen vorbereiten. Es wird in diesen Tagen wiederholt die Frage gestellt, ob unsere demokratische Gesellschaft überhaupt in der Lage ist, die notwendigen vorbeugenden Maßnahmen zur Bekämpfung künftig zu erwartender Krisen zu ergreifen. Da ist zurückzufragen: Wer denn sonst? Aber machen wir uns nichts vor: Die Klimavereinbarungen von Paris retten unseren Planeten nur dann, wenn die kleinen Stellschrauben vor Ort bewegt werden. Das sollten sich auch, und vor allem die beteiligten politischen Parteien am Ort des Geschehens „Dicker Dören“ vor Augen führen.

Die politische Ausrichtung der verantwortlichen Personen in Waltrop und in Dortmund spricht eigentlich für einen Kompromiss. Allerdings wollen die Waltroper derzeit nur noch über das „Wie“ diskutieren; die Dortmunder – vor allem das Aktionsbündnis „Nein! zum Dicken Dören“ haben sich ebenfalls klar positioniert. Für sie geht es um ein „Ob“ – und zwar von Anfang an.
Damit ist eine längere rechtliche Auseinandersetzung vorprogrammiert.
Der „Dicke Dören“ wird auch als Fallbeispiel eingehen für die Glaubwürdigkeit der politischen Akteure. Die Widersprüche dürften vor allem den „Grünen“ um die Ohren fliegen – egal, wann und wie der Streit entschieden wird: gerichtlich oder politisch!

 III. Statement der Mengeder „Grünen” zur geplanten Industrieansiedlung im Gewerbegebiet „Dicker Dören“; erschienen MIT v. 16.3.21

Die Mengeder „Grünen” sind ausdrücklich gegen die geplante Ansiedlung und legen nachfolgend ihre Beweggründe dar:

  1. Direkte lokale Beeinträchtigung:
    Die Industrieansiedlung dort führt unmittelbar zum Verlust an Natur im direktem Blickfeld der dortigen Anwohnerschaft. Es ist sowohl mit steigenden Lärm- und Verkehrsbelastungen, wie auch mit Lichtverschmutzung durch nächtliche Beleuchtung des Areals zu rechnen. Durch die Nähe zum Kanalradweg wird der gesamte Grünzug neben der Anwohnerschaft auch von Erholungssuchenden aus der weiteren Umgebung genutzt. Auch hier sind Einschränkungen zu befürchten.
  2. Lokale und globale Umweltauswirkungen für unsere Stadt:
    Die Grüngürtel sind wichtige Frischluftschneisen für die gesamte Stadt. In der „Umweltprüfung Regionalplan Ruhr“ wird von einer hohen klimaökologischen Bedeutung gesprochen. Wir haben keinerlei Hinweise auf eine Berücksichtigung dieses Umstandes in der Planung. Wie andere Städte im Ruhrgebiet hat Dortmund jetzt schon massive Probleme bei der Luftreinhaltung und ist dadurch auf die vorhandenen Luftschneisen besonders angewiesen. Dazu kommt noch im Sommer die Erwärmung der Luftmassen durch die Hallenbauten nebst zugehöriger versiegelter Fläche. Zusätzlich zum direkten Verlust an Grün ist auch die Teilung der Lebensräume ein Faktor. Nur um ein Beispiel zu bringen: Dort ist ein lebendiger Amphibienbestand vorhanden, der jetzt schon bei saisonalen Wanderbewegungen Verluste erleidet. Mehr Verkehr und mehr Asphalt wird es diesen Tieren zukünftig noch schwerer machen.
  3. Wie sind denn die Alternativen?
    Diesen Punkt hätte man vielleicht sogar nach Vorne stellen können. Setzt man mal die reine Waltroper Brille auf, kann man fast Verständnis entwickeln. Mit der Gewerbeansiedlung soll ein Angebot geschaffen werden für eine alteingesessenen Firma die hochwertige Arbeitsplätze im Fahrzeugbau anbietet. Auch uns ist sowohl die Firma wie auch anhängige Arbeitsplätze ebenfalls nicht egal. Daher möchten wir an dieser Stelle betonen, unsere Ablehnung gegen diese Ansiedlung fußt auf den oben genannten unmittelbaren Auswirkungen. Würden wir über eine Brach- statt Grünfläche reden und würde dort erkennbar versucht sowohl Umweltauswirkung wie auch Belastungen von Anwohnern zu minimieren, könnten wir als Grüne auch Industrie mittragen. Und Brachen gibt es ja. Stichwort: Knepper-Gelände. Daher ist es uns ein ganz wichtiges Anliegen, gerade hier im eng bebauten Ruhrgebiet Dinge auch global zu sehen, ohne Kirchturmdenken! Das wäre auch für den ÖPNV zwischen den Städten manchmal sehr hilfreich. Wir hoffen daher auf eine zufriedenstellende Lösung, im besten Fall auf einer passenden Brachfläche unabhängig davon, wessen Boden das nun ist.
Fotos: Stefanie Hugot

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