Der Cartoon des Tages
von Mario Lars
Ein 65 Jahre alter Reutlinger hat eine tierische Angst vor Donald Trump. Und nicht nur das. Der Mann befürchtet den Zusammenbruch des gesellschaftlichen Systems in den USA, wenn nach der Wahl die Stimmen ausgezählt werden. „Diesmal wird es in den Straßen der Städte und des Landes nicht mehr friedlich zugehen“, prophezeit Claus Kleber. Für Ordnung können da die stolzen Jungs sorgen, faktisch die Hitlerjugend des Präsidenten. Die Proud Boys sind eine erst 2016 gegründete antisemitische und faschistische Männer-Gruppierung, der Donald Trump im TV-Duell gegen Joe Biden zurief: „Proud Boys – haltet euch zurück – und haltet euch bereit“.
Es gibt, klagt das Manager-Magazin dieser Tage, eine ‚Kampagne der Falschaussagen‘: „Ein mediales Dauerfeuer macht das kapitalistische System verantwortlich für Ungerechtigkeit, Populismus und Umweltzerstörung.“ Meine Omi Glimbzsch in Zittau, im sicheren Schützengraben der Geringverdiener und Rentner an der Ostfront, merkt vom Dauerfeuer reineweg absolut nichts und fragt sich, ob die Manager-Zeitgenossen bereits an den Folgen von Corona leiden, was gediegene Informationen angeht: Nix sehen, nix hören, nix riechen, nichts fühlen. Aber was meinen die da mit dem medialen Dauerfeuer? Denn wo du hinschaust – nur rein kapitalistische Medien, die da schießen, nur sie haben als einzige das Geld: Nachladen und Dauerfeuern.
Nur neun Fingern können wir eine einstellige Zahl zuordnen. Einen nullten Finger kennt nur der Mann vom Sägewerk. Manche Sprachforscher glauben, dass die alten Germanen sogar pro Hand nur die vier Langfinger zählten. Zwei handvoll – waren acht. Die Daumen zählten grundsätzlich nicht. Die “Neun” war der Hinweis auf die nächsten Hände mit “neu” abzuzählenden Fingern.
Ursprünglich hatte ich ja mal vor, beim Kölner Straßenkarneval mit der Chatgruppe der Polizei aufzutreten, bis ich nachdachte. Wieso Köln? Wieso NRW? Wieso nicht Marzahn oder München oder Mannheim? Wo bleiben die Chatgruppen der Polizei aus den verloren geglaubten Ostgebieten, aus Hessen-Nassau, Franken, Niedersachsen? Wo bleiben die Chatgruppen aus Braunschweig, die von Verfassungsschutz, Bundeswehr und GSG 9, von Jägern, Schützen und besser bewaffneten Reservisten?
Nein, Fernsehpfarrer Jürgen Fliege ist diesmal nicht gemeint mit Antichrist, obgleich er vom Predigen nicht lassen mag. Am letzten Samstag verkündete der Geistreiche auf der Theresienwiese einer zehntausendköpfigen Menge der Angstfreien sein Wort Gottes: „Fürchtet euch nicht“, auch wenn es um Frieden, Freiheit,Gesundheit, Masken und Diktatur geht. Wir Theologen werden häufig gefragt, was man denn gegen die Angst tun kann. Viele sagen ja, dass ich mit oder ohne Maske fest glauben muss, dass mir nichts geschehen kann, wenn ich alles in Gottes Hände lege.
In Deutschlands Autostadt Nr. 1 lässt man langsam die Motoren warmlaufen, damit rechtzeitig vor der Oberbürgermeisterwahl am 8. November 2020 Vollgas gegeben werden kann. Mercedes-Benz behauptet zwar, man könne sofort, also vom Start weg, Vollgas geben, frisiert oder nicht. Aber da hält meine Omi Glimbzsch in Zittau dagegen: Vorsicht, Kolbenfresser, sagt sie – aber eben nur bei den getürkten Autos.
„Wir schaffen das!“, sagten sich fast vier Millionen Menschen, die bis zum Fall der Berliner Mauerbauer die DDR verließen. Sie kamen unterirdisch, zu Wasser, zu Lande und aus der Luft, vielfach unter Lebensgefahr, weil sie keine Spitzel werden wollten, weil ihnen das System nicht passte, weil sie die Schnauze voll hatten vom so genannten Sozialismus, der real „drüben“ nie existierte. Oft waren die Gründe genauso vorgeschoben: Die Menschen wollten Bananen, Bohnenkaffee und einen BMW (den erst nach dem Kaffee). Die es geschafft hatten, die nicht im Knast landeten oder im Stacheldraht hängen blieben (wie heute auf der Balkanroute), blieben oft lebenslang Menschen wie Du und ich. Und die es nicht geschafft hatten? Auch.
Die Ressentiments gegen die DDR blieben erhalten, auch die gegen Ausländer, Juden, Schwule. Hinzu kamen im Laufe der Jahre bei vielen von uns die Ressentiments gegen die Bundesrepublik. So etwas summiert sich. Coronagegner etwa würden sich, nachdem sich ihrer Meinung nach die Republik immer mehr zu einer brutalen Diktatur entwickelt, ostwärts absetzen können – Putin etwa ist sehr beliebt, und westwärts lauert die Weltregierung, sagt selbst Kennedy jr. unter dem Jubel der 50.000 Republikflüchtlinge.
Wie immer blieben auch diesmal viele zu Hause, um ihren BMW zu putzen, oder weil sie die Grippe fürchteten oder von den gleichgeschalteten Medien eingeschüchtert wurden. So manche mögen auch an Rechtschreib-, Seh- und Leseschwäche leiden. Kann sein. Ich tippe eher darauf, dass ihnen der prophezeite Untergang der Republik piepegal ist und sie sich sagen: „Die schaffen das auch ohne mich!“
Unterdessen haben einstweilen immer noch alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, was aber die wenigsten machen. Und wenn, dann tun sie’s eher selten und ungern – also anders als derzeit in Belarus. In Minsk versammeln sich Woche um Woche voller Enthusiasmus die Freunde der Republik, und nur wenige von ihnen werden eingefangen und gefoltert – die Abschreckung funktioniert nicht. Richtig ist aber auch, dass die CIA auch dort mitmischt – wie der russische Geheimdienst. Und dass die Nato-Aufmärsche im Osten diesmal keine Erfindung von Russia Today sind. „Was Lukaschenko oder Trump angeht“, so meine Omi Glimbzsch in Zittau, „da dreh‘ ich die Hand nicht um.“
Ach so, Artikel 8 GG: Demonstrationen, die maßvolle Gesundheitsvorschriften maßlos missachten, sind nicht friedlich.
Links ist da, wo der Daumen rechts ist. Wem das nicht reicht, dem steht frei, politisch zu handeln im Kontext der Menschenrechte. Bekanntlich herrscht weniger Redebedarf, aber großer Handlungsbedarf. Dieser Tage kann man auch traurig sein. In der Stuttgarter Königstraße versammelten sich dieser Tage unter einer Phalanx roter Fahnen 200 Menschen – ein geschlossener Kreis, kaum einsehbar für Vorübereilende oder Neugierige.
Eine merkwürdige Zahl, über die sich trefflich streiten lässt. Im Wort “Achtung!” bellt sie über Kasernenhof und Gefechtsfeld. Du schaltest die Eigenverantwortung aus und den Gehorsamst-Modus ein. Und vor Gericht kommst du für das, was du tun sollst, vielleicht mit einem Hinweis auf den Befehls-Notstand davon. Oder galt das nur vor mehr als 75 Jahren?
8 : 2, Vettel auf Platz 7. Kein Wunder, dass die illegalen Autorennen in der Republik an Fahrt aufnehmen. So manches Medium jubelt zudem gern über die vielen Demonstrationen im Ausland, je weiter weg, umso besser. Dem weißen Russen Lukaschenko – ein Stalinist von altem Schrot und Korn! – gibt man noch ein paar Tage, dann kann er sich auf Putins Datscha zurückziehen, vielleicht gemeinsam mit Netanjahu und dem thailändischen König.
Weiß man’s? Politische Allianzen waren schon immer wunderlich und regelmäßig eher vom Profit geleitet denn von Moral.
Zwischen den Beinen ist unter dem Gürtel
Vor 150 Jahren wurden auf Sizilien versteinerte Weinreben entdeckt, die bereits vor 6 Millionen Jahren entstanden sind. Da können deutsche Kiesgruben nicht mithalten: Bei Hamburg wurden neulich Elefantenzähne ausgegraben, die allenfalls eine Million Jahre alt sein sollen.
Prost Stammtischbrüder!
Ihr habt mich bestimmt schon vermisst. Muss zu meiner Entschuldigung sagen, dass ich einige Monate in Nepal war, um dort den Mount Everest zu besteigen.
Wollte der erste Mensch sein, der diesen beim Aufstieg mit einer ständig glimmenden Zigarette bezwingt.
Nach mehrmaligem Klingeln gehe ich ans Telefon. Auf meinem Display erscheint eine Nummer. Sie ist so lang wie der Rundweg um Mengede. „Werbedes“, melde ich mich etwas unwirsch. Lasse mich ungern beim Genießen meines Highballs (Southern Comfort mit Ginger Ale und Eis) stören. „ Spreche ich mit Herrn Heinrich Werbedes?“, flötet mich eine durchaus sympathische Stimme an. Normalerweise lege ich an dieser Stelle auf.